Wunderliche Selbsttherapien

Kai Felmy

Dass SubstitutionskundInnen in erster Linie Menschen mit einer Suchterkrankung sind, habe ich bestimmt schon öfter an dieser Stelle erwähnt. Als solche sollte man sie auch sehen und behandeln, wenngleich das nicht immer einfach ist. Tricks, wie man seine Substitutionsmedikamente am besten NICHT schluckt, kennen wir zur Genüge. Langjährig dienende PharmazeutInnen sind mit allen vertraut und machen entsprechende Kontrollen. Selbst wenn es augenscheinlich ist, dass die von den SteuerzahlerInnen finanzierte Therapie als Grundlage für eine illegale Unterhaltsbeschaffung dient, startet man zunächst mit einer Verwarnung. Fruchtet diese nichts, dann bespricht man sich mit den behandelnden MedizinerInnen.

So geschehen vor kurzem, als ich endlich das OK bekam, einen unserer auffälligsten Kunden die „Substis“ in Wasser aufgelöst zu geben. Zunächst reagierte er erstaunt, im Gegensatz zu vielen anderen zuvor, die aggressiv geworden waren. Schon am folgenden Tag kehrte er aber einen neuen Trick heraus: „Wenn die Wirkung nicht mehr einsetzt, weil die Tabletten ja jetzt aufgelöst sind, kann ich dann eine Übergangsdosis kriegen?“ Ich verwies ihn an seinen Arzt. Er kam am selben Tag ein zweites Mal, diesmal mit seiner Freundin, die ganz offensichtlich angriffslustig war. Sie ging gleich in medias res: „Wie kann er sichergehen, dass sie ihm da nicht ein Aspirin C reintun?“ Ich lächelte und antwortete: „Wollen Sie uns jetzt unterstellen, dass wir ihm etwas Falsches geben?“ „Ja, das will ich!“, schrie sie. „Schatz, Schatz, nicht doch“, beschwichtigte der Kunde sie und versuchte sie zu stoppen. Noch im Hinausgehen zeigte sie uns den Mittelfinger und beschimpfte uns alle als Schlampen.

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