Diese Medikamente dürfen auf Reisen nicht fehlen
Weltenbummler richtig ausstatten
Die Reiseapotheke ist schon vor Jahrhunderten ein wichtiger Ferienbegleiter gewesen. Aber ist in unserer globalisierten Welt das Extra-Täschchen im Gepäck noch nötig? Welche Arzneimittel man dem Patienten empfehlen sollte, variiert je nach Art und Ziel der Reise.

Das pharmazeutische Rundum-sorglos-Paket sollte individuell zusammengestellt werden.
Laut WHO sind weltweit etwa 10 % der Medikamente gefälscht oder liegen unter dem Qualitätsstandard. Betroffen sind insbesondere hochpreisige oder absatzstarke Präparate wie Antimalariamittel, Antibiotika oder Analgetika. Deren Fälschungsanteil liegt bei bis zu 40 %. Vor allem in Ländern mit niedrigem Einkommen kommt es öfter zu Betrug. Daher sollte man nicht nur chronisch Kranken, sondern auch seinen gesunden Patienten zur Mitnahme einer Reiseapotheke raten. Und was muss rein? Das kommt ganz auf den Trip an, erklärt Dr. Stefan Sieh, niedergelassener Internist aus Frankfurt.
Die allgemeine Grundausstattung sollte sich an häufig auftretenden (Reise-)Krankheiten orientieren. Dabei ist es wichtig, auch auf mögliche Wechselwirkungen mit regelmässig eingenommenen Medikamenten zu achten. Ein Fragebogen mit den wichtigsten Informationen zur Reise und möglichen Vorerkrankungen des Patienten kann dabei helfen, schnell einen umfassenden Eindruck zu bekommen.
Schmerz und Fieber
Um bei Infekten und Schmerzen (symptomatisch) behandeln zu können, sollte die Reiseapotheke in jedem Fall Paracetamol (500 mg) oder Ibuprofen (800 mg) beinhalten. ASS wird dagegen eher nicht empfohlen, u.a. weil man sich mancherorts mit hämorrhagischem Fieber anstecken kann.
Reisediarrhö
Für die Selbstbehandlung von Reisediarrhö sollten Urlauber ebenfalls gerüstet sein. Dabei müssen sie zwei Fälle unterscheiden:
- leichte Diarrhö mit der Möglichkeit, sich für ein paar Tage zu erholen: Hier reichen für gewöhnlich Ruhe, genügend Flüssigkeit und Elektrolyte. Bei der Symptomlinderung helfen Racecadotril (1000 mg) oder Tanninalbuminat. Loperamid (2 mg) wird hingegen nur empfohlen, sofern keine invasiven bakteriellen Enteritiden vorliegen, da sich diese bei fehlender Darmmotilität weiter ausbreiten können.
- schwerer Verlauf bzw. leichte Diarrhö bei straffem Reiseprogramm (z.B. Trekking): Auf schwerere Verläufe sollte man neben der Rehydrierung mit Antibiotika reagieren. Dabei rät Dr. Sieh zunächst zu einer Einmaldosis Azithromycin (500 mg oder 1000 mg). Rifaximin und Rifamycin (zweimal 400 mg für drei Tage) können ebenfalls zum Einsatz kommen, helfen aber nicht bei Dysenterie. Nicht geeignet sind Gyrasehemmer aufgrund ihrer starken Nebenwirkungen und der weitverbreiteten Resistenzen. Die Therapie kann mit Loperamid oder Racecadotril ergänzt werden.
Übelkeit
Im Falle einer Diarrhö mit Übelkeit wäre der Patient mit Metoclopramid (10-mg-Tablette) gut versorgt. Das gilt allerdings nur, wenn keine Malariaprophylaxe mit Atovaquon erfolgt, da MCP dessen Plasmakonzentration um 50 % verringert. Eine Alternative zu MCP bietet Dimenhydrinat (50 mg) – am besten in Tablettenform, um ein Schmelzen der Zäpfchen bei hohen Temperaturen zu vermeiden. Es wirkt gegen Übelkeit, Emesis und Reisekrankheit, verringert aber die Schweisssekretion. Gegen Reise-/Seekrankheit können die Patienten auch Scopolamin-Pflaster (1,5 mg) mitführen. Sowohl Dimenhydrinat (ab 50 mg) als auch Scopolamin vermindern aber das Reaktionsvermögen (Cave: Tauchferien).
Übliche Wehwehchen
Butylscopolamin (10 mg) hilft den Patienten bei Bauchkrämpfen – inklusive Periodenschmerzen. Bei hartnäckige Verstopfungen ist Bisacodyl oder Natriumpicosulfat eine Option. Der an die jeweilige Region und den persönlichen Hauttyp angepasste Mücken- und Sonnenschutz darf in ausreichender Menge im Koffer ebenfalls nicht fehlen.
Infektionen
In einigen Gegenden kann es sinnvoll sein, Antibiotika griffbereit zu haben. Dr. Sieh empfiehlt Azithromycin (500 mg), da es gegen viele Erreger, die beispielsweise Weichteilinfektionen, eitrige Atemwegsinfekte und Geschlechtskrankheiten auslösen, wirkt. Allerdings verlängert es die QT-Zeit und sollte daher nicht zusammen mit Medikamenten genommen werden, die einen ähnlichen Effekt haben. Bei Harnwegsinfekten eignen sich Fosfomycin (einmalig 3000 mg), Trimethoprim (zweimal 150 mg für drei bis fünf Tage) oder Nitrofurantoin (zwei- bis dreimal 100 mg für fünf bis sieben Tage).
Fieberthermometer, Wundversorgung (Pinzette, Auflagen, Salben etc.), Injektionsset (je nach Region, siehe Kasten), kühlende oder hydrokortisonhaltige Cremes (bei Insektenstichen) sowie SARS-CoV-2-Antigen-Tests ergänzen die Reiseapotheke. Sind spezielle Aktivitäten geplant, kann die Grundausrüstung erweitert werden (siehe Tabelle).
23. Forum Reisen und Gesundheit
