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Medikationsmanagement: Der Stoff für frisches Blut
MM Kurs Teil 57
MEDIKATIONSMANAGEMENT – Teil 57 - Eisenmangel ist die weltweit häufigste Mangelerkrankung. Entsprechend oft wandern Eisenpräparate über die Tara. Was wichtig ist, damit sie wirklich „in Fleisch und Blut übergehen“.
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Eisenmangel ist die weltweit häufigste Mangelerkrankung. Entsprechend oft wandern Eisenpräparate über die Tara. Was wichtig ist, damit sie wirklich „in Fleisch und Blut übergehen“.
Über abgeschilferte Epithelzellen in Haut, Darm und Harnwegen und kleinere Blutungen erleidet der Körper täglich Eisenverluste von 1–2 mg pro Tag. Diese müssen über die Ernährung kompensiert werden, wobei nur ein kleiner Teil des Nahrungseisens, durchschnittlich zehn Prozent tatsächlich resorbiert wird.
Mit 10 mg pro Tag beziffert die DACH-Gesellschaft daher den täglichen Eisenbedarf des erwachsenen Mannes. Bei der Frau im gebärfähigen Alter sind menstruationsbedingt entsprechend mehr, nämlich 15 mg zu veranschlagen. Einen erhöhten Bedarf haben auch Schwangere und Stillende (30 bzw. 20 mg pro Tag) sowie Jugendliche im Wachstum, wobei in diesen Zeiten des erhöhten Bedarfs die Resorptionsquote ansteigen kann.
1. Eisenmangel

1.1. Drei Stadien der Unterversorgung
Der Gesamtkörperbestand von etwa 4–5 g Eisen findet sich überwiegend im Hämoglobin und Myoglobin, des Weiteren u.a. in eisenhältigen Enzymen und im Depoteisen (Ferritin) wieder. Ein Eisenmangel ist definiert als eine Verminderung dieses Gesamtkörpereisens und entsteht immer dann, wenn es aus irgendeinem Grund zu einem Missverhältnis zwischen Eisenaufnahme und Eisenbedarf kommt.
Die kritische Unterversorgung durchläuft drei Stadien:
▶ Speichereisenmangel: Hier sind zwar die Eisenspeicher reduziert, die Bildung der roten Blutkörperchen (Erythropoese) ist jedoch noch nicht betroffen (Ferritin↓, Retikulozytenanzahl und Hb normal).
▶ Eisendefizitäre Erythropoese: Der Hämoglobinwert liegt noch im Normbereich, die Versorgung der erythropoetischen Vorstufen im Knochenmark ist jedoch nicht mehr ausreichend (Ferritin und Retikulozytenanzahl↓, Hb normal).
▶ Eisenmangelanämie: Der Hämoglobinwert liegt nun nicht mehr im Normalbereich (Ferritin, Retikulozytenanzahl und Hb↓).
Blutbild bzw. Laborparameter geben Informationen über die Lage des Eisenstoffwechsels (siehe Tabelle 1).
1.2. Symptome der Eisenmangelanämie
Symptome wie Müdigkeit oder Blässe werden von Kunden schnell als Eisenmangelanämie interpretiert, sind aber tatsächlich viel zu unspezifisch, um zweifelsfrei zugeordnet werden zu können. Bei folgenden Beschwerden kann eine Eisenmangelanämie in Betracht gezogen und zu einer entsprechenden Abklärung durch den Arzt geraten werden:
▶ Müdigkeit, Schwäche, Schwindel, Tinnitus, Kälteempfindlichkeit
▶ Leistungsabfall, Herzklopfen, rascher Pulsanstieg bei Belastung
▶ Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen
▶ Blässe der Bindehaut des Auges, Hautblässe, Brüchigkeit der Fingernägel und Haare, Mundwinkelrhagaden, Zungenbrennen, Infektanfälligkeit
1.3. Ursachen der Eisenmangelanämie
Sofern nicht ein akuter größerer Blutverlust als Ursache für den Eisenmangel offensichtlich ist, stellt sich bei Eisenmangelerkrankungen immer die Frage nach der Ursache. Infrage kommen chronische Blutverluste, erhöhter Eisenbedarf und eine verminderte Eisenresorption:
Chronische Blutverluste, z.B.:
▶ übermäßig starke bzw. häufige Menstruationsblutungen
▶ permanente Blutverluste über den Magen-Darm-Trakt, z.B bei Ulcera
▶ Blutungen durch Arzneimittel
(ASS, NSAR, Antikoagulanzien)
▶ chronische blutende Hämorrhoidalleiden
▶ Tumoren im Magen-Darm-Trakt oder Urogenitaltrakt
▶ häufiges Blutspenden
Erhöhter Eisenbedarf:
▶ Schwangerschaft
▶ Wachstum
▶ Leistungssport
Verminderte Aufnahme:
▶ Verminderte Resorption bei Malabsorptionssyndromen wie Zöliakie, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (im akuten Schub einer CED muss die Eisensubstitution aufgrund der schleimhautreizenden Wirkung von Eisen allerdings parenteral erfolgen)
▶ Atrophische oder Helicobacter-pylori-positive Gastritis, Magensäuremangel, evtl. auch chronische PPI-Einnahme
▶ Inadäquate Ernährung (Diät, Anorexie, streng vegetarische/vegane Kost, da tierische Lebensmittel einen höheren Gehalt und besser resorbierbares Eisen aufweisen)
2. Eisensubstitution
Die orale Verabreichung von Eisen ist Standard bei der Behandlung des leichten Eisenmangels – es stehen in Österreich eine Vielzahl von Präparaten zur Verfügung. Bei der Abgabe sind einige Hinweise wesentlich.
2.1. Beratung zur oralen Eisensubstitution
▶ Zur Optimierung der Resorption ist bei Eisenpräparaten die Nüchterneinnahme vorzuziehen (1/2 h bis 1 h vor dem Frühstück oder einer anderen Mahlzeit).
▶ Gastrointestinale Unverträglichkeiten sind ein häufiges Problem: Übelkeit oder sogar Erbrechen, Völlegefühl, Bauchschmerzen, Blähungen, Obstipation oder Diarrhoe sind für den Anwender oft so störend, dass es zu Therapieabbrüchen kommt.
▶ Die Beschwerden können symptomatisch behandelt werden. Bessern sie sich nach einer Woche nicht, so kann aus Compliancegründen die Einnahme des Eisenpräparates während der Mahlzeit durchgeführt werden. Hier ist allerdings mit wesentlich schlechteren Resorptionsquoten zu rechnen, da viele Nahrungsbestandteile die Aufnahme von Eisen hemmen (z.B. Milch und Milchprodukte,
Kaffee, Tee, Oxalate, Phytate, Phosphate, Polyphenole wie Tannine).
▶ Bei weiter bestehender Unverträglichkeit kann ein Präparatewechsel versucht werden. Eine Reduktion der Dosis bzw. ein Umstieg auf eine Eisenverbindung mit besserer Bioverfügbarkeit scheint günstig zu sein.
▶ Vitamin C verhindert die Oxidation von Eisen 2+ zu Eisen 3+ und verbessert die Resorption, daher kann insbesondere bei Eisenpräparaten, denen keine Ascorbinsäure zugesetzt ist, Vitamin-C-hältiger Fruchtsaft (Orangensaft) anstatt Wasser zum Einnehmen empfohlen werden.
▶ Eine inadäquat hohe Eisenzufuhr erzeugt schädliche prooxidative Effekte im Körper, sodass die Supplementierung mit Präparaten, die mehr als den physiologischen Tagesbedarf enthalten, nur nach entsprechenden Blutbefunden erfolgen sollte.
▶ Die Schwarzfärbung des Stuhls durch nichtresorbiertes Eisen ist eine harmlose Nebenwirkung, auf die der Kunde vorbereitet werden sollte.
2.2. Interaktionen bei oraler Eisensubstitution
Als mehrwertiges Kation geht Eisen eine Reihe von Interaktionen ein und kann etwa durch Komplexbildung die Resorption einiger Arzneistoffe stören. Umgekehrt können sich einige Arzneistoffe hemmend auf die Eisenresorption auswirken, dies gilt natürlich insbesondere auch für das in der Nahrung enthaltene Eisen (siehe Tabelle 2).
2.3. Allgemeine Beratung zu Eisenmangel
▶ Besonders bei wiederkehrendem Eisenmangel ist, sofern nicht ohnehin vom Arzt veranlasst, die weitere Abklärung zu empfehlen (z.B. beim Internisten).
▶ Hinweise zur Ernährung: ausgewogene Kost in ausreichender Menge unter Einbeziehung von Fleisch, Einbau von Vitamin-C-hältigen Lebensmitteln zur Verbesserung der Resorption von Nahrungseisen; Kaffee, Schwarztee und phosphathältige Getränke vor allem rund um die Mahlzeiten meiden, Zufuhr besonders eisenreicher Nahrungsmittel erhöhen.
▶ Bei Unverträglichkeit oder Nichtansprechen auf die orale Eisensupplementierung kann die Zufuhr in Ausnahmefällen auf parenteralem Wege erfolgen (z.B. Eisenhydroxid-Saccharose Komplex/Venofer®, Eisencarboxymaltose/Ferinject®). Aufgrund des Risikos von allergischen Reaktionen werden Eiseninfusionen mit sehr langsamer Tropfgeschwindigkeit und nur in einer Umgebung verabreicht, in der die Behandlung anaphylaktischer Reaktionen unverzüglich möglich ist.
▶ Die Therapiedauer bei einer manifesten Eisenmangelanämie beträgt durchschnittlich drei Monate, sollte aber nach der Normalisierung von Serumeisen und Hämoglobin weitere 1–3 Monate fortgesetzt werden – das vorgesehene Monitoring beim Arzt ist einzuhalten.
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